Katalin Pöge | Themenzyklus ORGANSPENDE

Katalin hat sich im ersten Kontakt so sehr ins Zeug gelegt, dass es schon beinahe ein wenig viel für das ruhige Gemüt eines Nicht-Hauptstädter war und somit erst im Zoom geklärt werden konnte, ob die vorliegende Überenergie überhaupt fokussiert oder zumindest gebündelt zu einem Ergebnis für irdische Konsumenten taugen könnte. Und tatsächlich. Im Onlinegespräch hat sich eine Atmosphäre zur Nähe der Kunst genauso entwickelt, wie die Gewissheit, dass Kunstliche Intelligenz noch gar nicht erahnt, was wohl mit der Gründung der gemeinnützigen Organisation Ende 2020 ins Rollen gebracht wurde. Wir danken für eine zweite Chance und für die ersten Zwischenergebnisse, die uns nun erreicht haben.

Katalin Pöge | Themenzyklus ORGANSPENDE

Als ich 13 Jahre alt war, habe ich meinen ersten Organspendeausweis ausgefüllt. Stolz, aber heimlich. Meine Eltern fanden das Thema beängstigend.

Heute bin ich zum Thema Leben und Tod um ein paar Blickwinkel aus anderen Kulturen belesener. Ich durfte das Sterben eines nahen Verwandten begleiten und sogar zeichnen. Ich  habe miterlebt, dass eine Niere meiner Tante meiner Cousine das Leben rettete. Ich habe Dilemmata rund um das Abschiednehmen und das Loslassen durchlebt.

Und ich habe die pulsierende Lust auf das Leben, die manchmal jegliche Naturgesetze in Frage stellt, kennen- und lieben gelernt. Nun – einfacher ist meine Einstellung zur Organspende dadurch nicht geworden…

Ich bin Forscherin, ich bin Impulsgeberin und liebe es, andere an meinem Blick auf die Welt teilhaben lassen – deshalb bin ich Künstlerin geworden. Die Kunst und die Kommunikation sind mir Spielwiese und Werkzeuge zugleich. Sie geben mir die Freiheit, ALLES zu fragen, zu wagen und zu erfinden.

Kunst hat als forschender Disziplin eine besondere Stellung: Sie wirkt perzeptiv und ist uns Menschen ähnlicher als Logik, Rationalismus, Worte allein oder der pure Wille. Kunst erweitert unsere Realitätswahrnehmung und ermöglicht eine intuitive Verbundenheit mit dem, was wir wahrnehmen. Es öffnet sich die Möglichkeit, in einen Dialog zu gehen. Ein Dialog mit der Welt, mit anderen Menschen, deren Haltungen oder scheinbar profanen Gegenständen. Und schließlich kann auch ein Dialog mit uns selbst entstehen. 

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Das Thema Organspende interessiert mich in so vielen Facetten, dass es mir schwer fällt, am Anfang der Reise einen Grund rauszupicken. In meinen künstlerischen Projekten arbeite ich gern ergebnisoffen. Ich sehe mich in der Rolle der Fragenstellenden. Wenn ich mich mit einem Thema befasse, starte ich gern mit Interviews querbeet: Pro, Contra, gute und schlechte Erlebnisse, philosophische Grundsatzdiskussionen, Glauben… solange bis mein Kopf nicht mehr weiß, wo oben und unten ist. Dieser Austausch, meine Intuition, meine Erfahrungen und die künstlerische Freiheit per se leiten mein Vorgehen. 

Eine andere bewährte Methode ist: „Einfach machen“. Wieso erfinden wir nicht einfach á la Christoph Schlingensief ein „Institut für Organspendevorsorge“? – Die Bestattungsvorsorge ist doch auch ein gern gebuchte Dienstleistung, mit dem Ziel es seinen Angehörigen im Todesfall leichter zu machen. Das Adaptieren gesellschaftlich akzeptierter Äquivalente die der Vermittlung von Dingen, Dienstleistungen oder Bedürfnissen dienen, scheint mir dabei nicht mal sonderlich revolutionär. „Einfach machen“ erzeugt Resonanzen! Diese nehme ich wahr und verarbeite sie in meiner weiteren künstlerischen Auseinandersetzung mit einem Thema.

Ob das Ergebnis am Ende ein gezeichneter Film, eine Soziale Plastik im öffentlichen Raum, eine Graphic Novel (Etwa: Was sagen 10 ausgewählte Philosophen zu der skizzierten Idee, menschliche Organe auf Schweinen wachsen zu lassen) digital oder oder aber eine Postkarten- oder Plakatserie ist, weiß ich noch nicht.

In meinen bisherigen Arbeiten ist es am Ende selten nur eine Kategorie. Ich liebe es, die Welten zu verbinden – Begegnungen und Auseinandersetzungen zu schaffen. Und zwar inhaltlich, zwischen den BetrachterInnen selbst und auch durch die Kombination unterschiedlicher Medien.

Ob das Ergebnis leise und bewegend wie ein Schlaflied oder laut und provozierend wird, ist auch noch nicht sicher. Zum jetzigen Zeitpunkt habe ich keine Absicht. Sicher ist nur, dass ich große Lust habe, in das Thema Organspende einzutauchen und einen künstlerischen Beitrag zum großen Diskurs beizutragen.